„Danke, dass ich danken kann“
Erntedank: nicht mehr als ein schönes, aber unreflektiertes Ritual? Und Dankbarkeit überhaupt: nur eine wohlwollende, aber freundlich distanzierte soziale Gepflogenheit? Dessen Gedankenlosigkeit manchmal mehr verletzt als zu schweigen? „Undank ist der Welten Lohn“, sagt schon ein altes Sprichwort. Dankbarkeit ist eine seltene Tugend. Nur wer erkennt und lernt: Nichts im Leben ist selbstverständlich, dankt ehrlich. Kann ich auf diese Weise danken? Echte Dankbarkeit befreit zudem vom Blick, der nur auf mich selbst gerichtet ist. Sie macht das Herz weit – für Gottes Wirken und seine Nähe. In der Schöpfung und in unseren Mitmenschen. Nicht nur für die Ernte auf den Feldern, sondern auch für die „unsichtbaren“ Gaben: für Beziehungen, für Frieden, für meine Gesundheit, für unseren Glauben. Der Blick auf die Erntegaben, die in diesen Tagen vor den Altären unserer Kirchen aufgebaut sind, erinnert uns, dass menschliches Können und Technik alleine nicht reichen, dass wir nicht alles einfach „machen“ können. Erntedank erinnert uns daran: Wir danken, für das, was nicht selbstverständlich ist, was uns geschenkt ist. „Danke, Gott, dass ich dir danken kann.“
Pfarrer Andreas Bieber, kath. Pastoralverbund