Helft einander

Zuhause fragte er sich, ob er es wirklich tun sollte. Ihm war mulmig zumute, und er wusste nicht so genau, was ihn erwarten würde. Ja, er hatte auch ein wenig Angst, wenn er ehrlich war. Aber schließlich war er sein Nachbar. Oft schon hatten sie sich über die Neuigkeiten im Ort, ihre Arbeit und das ein oder andere Problem unterhalten.

Nun hatte sein Nachbar die Diagnose schwarz auf weiß, er war unheilbar krank. Was sollte er nun tun? Er wollte ihn besuchen. Aber was sollte er ihm sagen? Floskeln wie „Das wird schon wieder“, schienen ihm fehl am Platz.

Endlich nahm er seinen Mut zusammen und klingelte bei ihm an der Tür. Sein Nachbar öffnete ihm. Schmal war er geworden und ein wenig blass. Seine Augen aber strahlten, als er das bekannte Gesicht sah. Er sagte: „Komm rein, Nachbar!“ Sie gingen in die Küche und redeten miteinander: über die Arztbesuche, die anstehende Behandlung, seine Ängste und Sorgen, ihre Hoffnung auf Gottes Beistand.

Nach einer guten Stunde sagte er: „Danke, dass du gekommen bist, Nachbar. Das hat mich sehr gefreut. Komm bald wieder!“ An der Haustür angekommen, verabschiedeten sie sich. Er ging wieder nach Hause, berührt von dem intensiven Gespräch und froh darüber, seine Angst überwunden zu haben. Ich besuche ihn wieder, sagte er zu sich und tat es dann auch. Ganz im Sinne des Apostels Paulus, der uns für die neue Woche rät: Helft einander, die Lasten zu tragen. So erfüllt ihr das Gesetz, das Christus gegeben hat. (Gal 6,2)

Pfarrerin Tamara Schäfer, Ev. Martinskirchengemeinde Bad Hersfeld